Dann reicht es aber auch mal
Volker Panzer über wundersame Lichtvermehrung
Mag ja sein, dass der Weihnachtsbrauch alles – was sich nicht wehrt – zu beleuchten noch auf vorchristliche Zeiten zurückgeht. Der Urmensch ahnte vielleicht, dass so gegen Ende des Monats Dezember, der damals natürlich noch nicht so hieß, die Nächte wieder etwas kürzer und die Tage wieder etwas länger wurden. Vielleicht legte er gewissermaßen als Vorfreude und Ansporn noch ein paar Scheite aufs Höhlenfeuer? Wir wissen es nicht. Was wir allerdings seit geraumer Zeit sehen, ist dass die Weihnachtsbeleuchtung immer kuriosere Züge annimmt. Und warum? Erstens, weil die Strom und Beleuchtungsindustrie eine enorm gute Lobby hat und für ein paar Cent Lichterketten gigantischer Länge in die einschlägigen four-letter-Läden gekarrt hat und Zweitens, weil wir es, wenigstens was den Konsum angeht, den Amerikanern in nichts nachstehen wollen. Ganze Vorstädte sind da in einen privatweihnachtlichen Lichtnebel eingehüllt, wenn wir den Weihnachtsfilmen und -vorabendserien in den einschlägigen Seichtkanälen Glauben schenken dürfen. So erklärt sich auch der Umstand, dass es in unserer vom Durchgangsverkehr halbwegs verschont gebliebenen Straße von Jahr zu Jahr heller wird:
Anfangs hatte nur die Salumeria an der Ecke ihre Panettone mit Lichtkerzchen geschmückt. Und die Nachbarn mit dem Kleinkind im dritten Stock gegenüber einen Plastikweihnachtsleuchtbaum auf dem Balkon. Dann spannte der Waschmaschinenladen unten rechts über die gesamte Front des Schaufensters und sogar über den Bürgersteig die erste Glühbirnen-Girlande. Und es gab kein Halten mehr. Von allen Balkonen funkelt es heute nur so. Fast müssen wir uns schämen, dass unser Balkon noch dunkel ist. Noch werden wir nicht schief angesehen, noch fordert die Tochter nicht, es dem alten Rentner unter uns nachzumachen, der einen mannsgroßen Nikolaus mit rot und golden glitzerndem Ernegiersparlämpchen am Mantel aus dem Fenster gehängt und sicher an der Fassade befestigt hat. Aber es sind ja auch noch drei Wochen bis zum Finale. Wer weiß was noch kommt. Wir müssen da einfach durch, sage ich mir beim Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Erst einen, dann zwei, dann drei…dann ist alles einerlei.
„Lichtlein, Lichtlein, an der Wand:
Wer ist der Hellste im ganzen Land?“
„Das seid ihr.
Doch die hinter den Bergen
bei den sieben Zwergen
haben genauso wenig Grips wie wir.“
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